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Ordnung und Sicherheit


Enteignung

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Enteignung © Bezirksregierung Münster

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Eine Enteignung ist ein staatlicher Eingriff in privates Eigentum an Grund und Boden, um Infrastrukturmaßnahmen zu verwirklichen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Nur in Ausnahmefällen sieht das Gesetz eine Enteignung vor. Diese Ausnahmen gründen auf der sozialen Verpflichtung des privaten Eigentums.

Gemeinnutz geht über Eigennutz

In Artikel 14 Absatz 2 Grundgesetz heißt es dazu: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Allgemeinwohl dienen.“

Die Voraussetzungen für eine Enteignung sind im Einzelnen:

  • die Enteignung dient dem Wohl der Allgemeinheit,
  • die Enteignung erfolgt gegen eine angemessene Entschädigung und
  • die Enteignung ist in einem Gesetz zugelassen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.

Des Weiteren gilt:

  • der Enteignungszweck kann nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden,
  • der Antragsteller hat sich zuvor ernsthaft und zu angemessenen Bedingungen um den freihändigen Erwerb des Grundstücks bemüht und – sofern dies vorgesehen ist – Ersatzland angeboten.
  • Erfordert das Vorhaben einen Planfeststellungsbeschluss oder einen anderen Verwaltungsakt, muss dieser unanfechtbar sein. Wenn er nicht unanfechtbar ist, darf ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung haben.
  • Erfolgt das Vorhaben auf der Grundlage eines Bebauungsplanes, muss dieser rechtswirksam sein.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen für Enteignungsverfahren bilden:

  • das Gesetz über Enteignung und Entschädigung für das Land Nordrhein-Westfalen (EEG NW) in Verbindung mit Fachgesetzen (diese können zum Beispiel das Straßen- und Wegegesetz oder das Energiewirtschaftsgesetz sein),
  • das Baugesetzbuch und
  • das Landbeschaffungsgesetz.

Enteignungsverfahren

Die Beantragung einer Enteignung bei der Enteignungsbehörde ist das letzte Mittel des Projektträgers, wenn alle gütlichen Verhandlungen mit den Betroffenen nicht zum Erfolg geführt haben. In jedem Stadium des Enteignungsverfahrens ist die Enteignungsbehörde als unparteiische Vermittlerin bemüht, eine Einigung zwischen den Beteiligten zu erzielen.

Förmliches Verfahren

Das Enteignungsverfahren ist ein förmliches Verfahren. Geregelt ist es in den §§ 18 ff. des Landesenteignungs- und -entschädigungsgesetzes (EEG NW), in den §§ 104 ff. des Baugesetzbuches (BauGB) sowie in den §§ 28 ff. des Landbeschaffungsgesetzes (LandBG).

Alle nötigen Angaben einer Beantragung auf Enteignung entnehmen Sie bitte dem „Merkblatt für den Antrag auf Enteignung“ im Downloadbereich. 

Die einzelnen Phasen des Enteignugnsverfahrens entnehmen Sie bitte der Seite Enteignungsverfahren und der Broschüre Enteignung.


Berechnung der Enteignungsentschädigung

Nur gegen Entschädigung ist eine Enteignung zulässig. So bestimmt es Artikel 14 Absatz 3 des Grundgesetzes. Die Entschädigung für eine Enteignung ist kein Schadensersatz, sondern ein Wertausgleich für den erlittenen Rechtsverlust. Die Entschädigung umfasst nicht die durch die Enteignung möglicherweise entgangenen Chancen und Gewinne.

Die Enteignungsentschädigung setzt sich zusammen aus:

  • der Entschädigung für den Rechtsverlust (bemisst sich nach dem Verkehrswert) und
  • der Entschädigung für andere Vermögensnachteile (Folgeschäden).

Das Gesetz gewährt die Entschädigung in der Regel in Geld. In Ausnahmefällen setzt es die Entschädigung auch in Ersatzland fest.

Entschädigung in Ersatzland

Auf Antrag kann die Bezirksregierung Entschädigung in Ersatzland gewähren, wenn

  • der Eigentümer auf Ersatzland angewiesen ist
    • zur Sicherung seiner Berufs-/Erwerbstätigkeit oder
    • zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben und
  • Ersatzland zur Verfügung steht oder Ersatzland zu angemessenen Bedingungen beschafft werden kann.

Verkehrswert

Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre. In der Regel ermittelt der zuständige Gutachterausschuss für Grundstückswerte oder ein von der Enteignungsbehörde beauftragter öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständige den Verkehrswert.

Kriterien der Wertermittlung

Kriterien, die die Wertermittlung beeinflussen, sind unter anderem:

  • Lage,
  • Bodenbeschaffenheit,
  • Größe,
  • Grundstücksgestalt,
  • Art und Maß der baulichen Nutzbarkeit,
  • Erschließungszustand,
  • Gebäudewerte und
  • Werte sonstiger Anlagen.

Die Wertermittlung richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalles, jedoch ohne Berücksichtigung von ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen.

Verfahren zur Verkehrswertermittlung

Zur Verkehrswertermittlung von Grundstücken werden hauptsächlich drei Verfahren angewandt:

Vergleichswertverfahren (§§ 24 ff. ImmoWertV)

Das Vergleichswertverfahren eignet sich nur für die Ermittlung des Verkehrswertes unbebauter Grundstücke und ist eine von der Rechtsprechung anerkannte Methode. Der Verkehrswert wird dabei aus dem Mittelwert von Kaufpreisen vergleichbarer Grundstücke abgeleitet.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Methode ist:

  • Es müssen in ausreichender Anzahl Kaufpreise geeigneter Vergleichsgrundstücke zur Verfügung stehen.
  • Die Vergleichsgrundstücke und das zu begutachtende Grundstück müssen nach den wertbildenden Merkmalen hinreichend übereinstimmen.
  • Kaufpreise, die durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst sind, dürfen in den Vergleich nicht einfließen.

Bodenrichtwerte

Neben oder anstelle von Vergleichspreisen können Gutachter geeignete Bodenrichtwerte heranziehen. Ein Bodenrichtwert ist ein durchschnittlicher Wert je Quadratmeter für ein Gebiet mit im Wesentlichen gleichen Nutzungs- und Wertverhältnissen. Berücksichtigt wird der vorhandene Entwicklungszustand.

Die unabhängigen Gutachterausschüsse ermitteln in regelmäßigen Zeitabständen die Bodenrichtwerte anhand ihrer Kaufpreissammlungen.

Ertragswertverfahren (§§ 27 ff. ImmoWertV)

Das Ertragswertverfahren wird in der Regel angewendet bei

  • bebauten Grundstücken, die vermietet oder verpachtet werden, um Ertrag zu erzielen,
  • bei bebauten Grundstücken, die für Produktions- oder Dienstleistungszwecke eigengenutzt werden,
  • bei Grundstücken, die über abbauwürdige Bodenschätze (zum Beispiel Kies, Sand, Ton) verfügen.

Im Ertragswertverfahren setzt sich der Grundstückswert zusammen aus

  • dem Bodenwert und
  • dem Wert der baulichen Anlagen.

Die zwei Werte werden zunächst getrennt ermittelt und dann zum Ertragswert des Grundstücks zusammengefasst. Der Verkehrswert ergibt sich jedoch nicht nur aus der mathematischen Addition; sondern auch sonstigen den Wert beeinflussenden Umständen, soweit sie noch nicht erfasst sind. Des Weiteren ist die Lage auf dem Grundstücksmarkt zu berücksichtigen. Der Markt bestimmt den Verkehrswert.

Bodenwert

Der reine Bodenwert wird auch hier im Allgemeinen nach den Grundsätzen des Vergleichswertverfahrens berechnet, während der Wert der baulichen Anlagen nach dem Ertragswertverfahren ermittelt wird.

Bauliche Anlagen

Bei der Ermittlung des Ertragswertes der baulichen Anlagen ist von dem nachhaltig erzielbaren jährlichen Reinertrag des Grundstücks auszugehen. Der Reinertrag ergibt sich aus dem Rohertrag (zum Beispiel Mieten und Pachten) abzüglich der Bewirtschaftungskosten (zum Beispiel Betriebs- u. Instandhaltungskosten).

Sachwertverfahren (§§ 35 ff. ImmoWertV)

Das Sachwertverfahren eignet sich für Grundstücke, bei denen für den Nutzer nicht die Ertragserzielung im Vordergrund steht. Es ist insbesondere bei Objekten anzuwenden, die am Grundstücksmarkt nach ihrem Substanzwert gehandelt werden, wie zum Beispiel Einfamilienhaus-Grundstücke.

Der Sachwert des Grundstücks setzt sich zusammen aus

  • dem Bodenwert,
  • dem Wert der baulichen Anlagen (zum Beispiel Gebäude, besondere Betriebseinrichtungen, Garagen) und
  • dem Wert der sonstigen Anlagen (zum Beispiel Außenanlagen wie Terrassen).

Die einzelnen Werte werden zunächst gesondert ermittelt und ergeben zusammen den Sachwert des Grundstücks. Der Verkehrswert ergibt sich jedoch auch hier nicht allein aus der mathematische Addition; sonstige den Wert beeinflussende Umstände und die Lage auf dem Grundstücksmarkt sind ebenfalls zu berücksichtigen. Es kommt darauf an, was mögliche Käufer zahlen würden.

Bodenwert

Der reine Bodenwert wird auch hier im Allgemeinen nach den Grundsätzen des Vergleichswertverfahrens berechnet, während der Wert der baulichen und sonstigen Anlagen nach den Herstellungswerten zu ermitteln ist.

Gebäude- und Anlagenwert

Der Herstellungswert von Gebäuden ist unter Berücksichtigung ihres Alters und von Baumängeln/Bauschäden sowie sonstiger wertbeeinflussender Umstände zu ermitteln.

Der Herstellungswert von Außenanlagen und sonstigen Anlagen wird, soweit sie nicht vom Bodenwert miterfasst werden, nach Erfahrungssätzen oder nach den gewöhnlichen Herstellungskosten ermittelt.

Diese drei Verfahren zur Verkehrswertermittlung werden in der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) näher definiert.

Die Neufassung der ImmoWertV ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten. Danach wird der vorläufige Vergleichs-, Ertrags- bzw. Sachwert nach Berücksichtigung der Marktanpassung als marktangepasster vorläufiger Wert, der Berücksichtigung von objetkspezifischen Grundstücksmerkmalen zum Wert und ggf. aus der Berücksichtigung von mehreren Verfahren zum Verkehrswert.

Kosten des Enteignungsverfahrens

Der Projektträger trägt in der Regel die Kosten des Enteignungsverfahrens.

Kosten können entstehen durch:

  • Amtshandlungen der Enteignungsbehörde (Verwaltungsgebühr),
  • Erstellung von Gutachten,
  • sonstige Aufwendungen (zum Beispiel Fahrtkosten),
  • Zuziehung eines Rechtsbevollmächtigten

Wenn die Betroffenen einen Rechtsanwalt oder sonstigen Bevollmächtigten hinzuziehen, erkennt die Enteignungsbehörde dies in der Regel als notwendig an. Somit sind auch diese Aufwendungen vom Projektträger zu übernehmen.

Rechtsbehelf

Die Betroffenen können die Entscheidungen der Enteignungsbehörde gerichtlich überprüfen lassen. Die Rechtsbehelfsbelehrung führt auf, welcher Rechtsbehelf bei welcher Stelle einzureichen ist. Die Belehrung ist der Entscheidung beigefügt Der Rechtsbehelf muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung bei der zuständigen Stelle eingegangen sein.

Der Rechtsweg ist für die verschiedenen Verfahren unterschiedlich geregelt.

Verfahren nach dem Landesenteignungsgesetz und dem Landbeschaffungsgesetz

Für Verfahren nach dem Landesenteignungs- und -entschädigungsgesetz (EEG NW) und für Verfahren nach dem Landbeschaffungsgesetz (LandBG) gibt es einen zweigleisigen Rechtsweg:

  • Soll die Rechtmäßigkeit der Enteignung geprüft werden, kann die Entscheidung mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden.
    • Ist lediglich die Entschädigungshöhe im Enteignungsbeschluss streitig, dann können Betroffene einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei der Bezirksregierung Münster als Enteignungsbehörde einreichen. Die Enteignungsbehörde leitet den Antrag weiter an das Landgericht – Kammer für Baulandsachen –, das über den Antrag entscheiden wird.
  • Gegen Ausführungsanordnungen können Betroffene ebenfalls vor dem Verwaltungsgericht klagen. In der Klage gegen die Ausführungsanordnung können Betroffene keine Gründe mehr vorbringen, über die im Enteignungsbeschluss bereits unanfechtbar entschieden worden ist.
  • Im Rahmen von Einigungen ist der Rechtsweg ausgeschlossen. Denn die Verfahrensbeteiligten erklären jeweils ausdrücklich Rechtsmittelverzicht „gegen die nach Schlussvermessung zu erlassende Ausführungsanordnung“.

Verfahren nach dem Baugesetzbuch

Bei Verfahren nach dem Baugesetzbuch stellen Betroffene stets einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung und reichen ihn bei der Enteignungsbehörde ein. Über diesen Antrag entscheidet die Baulandkammer des zuständigen Landgerichts. Die Baulandkammern sind bei den Landgerichten in Arnsberg, Detmold, Düsseldorf und Köln eingerichtet.

Auch die Ausführungsanordnung können Betroffene durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechten (mit Ausnahme der Einigungsfälle). Allerdings können sie auch hier keine Gründe mehr vorbringen, über die im Enteignungsbeschluss unanfechtbar entschieden worden ist.

Hinweis zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung muss nicht ein Rechtsanwalt unterzeichnen. Im Verfahren vor dem Landgericht – Kammer für Baulandsachen – müssen Beteiligte, die Anträge zur Hauptsache stellen, sich aber durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

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