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Umwelt und Natur
Gentechnik
Gentechnik befasst sich mit der Isolierung, Charakterisierung und Neukombination von Genen. Neue Kombinationen von Erbmaterial werden hergestellt, indem das Erbgut von lebenden Organismen gezielt verändert wird. Um die Umwelt vor möglichen Gefahren der Gentechnik zu schützen, verpflichtet das Gentechnikgesetz Anwender der Gentechnik, Pflichten und Regelungen zu erfüllen. Die Aufgabe der Bezirksregierung ist es, die Umsetzung der Vorschriften durch Kontrollen zu gewährleisten.
Sicherheit in der Gentechnik
Das Gentechnikgesetz (GenTG) soll Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und die sonstige Umwelt vor möglichen Gefahren gentechnischer Verfahren und Produkten schützen und solchen Gefahren vorbeugen. Außerdem soll es eine Koexistenz konventioneller, ökologischer oder gentechnischer Produktionsmethoden gewährleisten.
Damit diese Vorgaben des Gentechnikgesetzes umgesetzt werden, sieht der Gesetzgeber eine staatliche Kontrolle vor. Zum einen erfüllen Zulassungsverfahren eine vorbeugende staatliche Kontrolle, zum anderen überwachen die Behörden, dass die erforderlichen Maßnahmen eingehalten werden.
Warum gibt es Sicherheitsstufen?
Das Gentechnikrecht geht davon aus, dass die Gefahren, die von Organismen ausgehen, klassifizierbar sind. Durch abgestufte Sicherheitsmaßnahmen könne den Gefahren vorgebeugt und die Risiken minimiert werden.
Alle gentechnischen Arbeiten bedürfen grundsätzlich einer Sicherheitseinstufung, um das vorhandene Gefährdungspotenzial festzulegen. Die Sicherheitseinstufung ist in jedem Fall durchzuführen. Das heißt, es handelt sich immer um eine Einzelfallentscheidung. In Abhängigkeit vom Risikopotenzial gentechnischer Arbeiten und den dabei benutzten Organismen unterscheidet das Gentechnikgesetz die vier Sicherheitsstufen S1 bis S4:
Je nachdem in welcher Sicherheitsstufe gentechnische Arbeiten durchgeführt werden, sind dabei entsprechende
- organisatorische,
- technische und
- biologische
Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Sie sollen sicherstellen, dass Leben und Gesundheit von Menschen, Tiere, Pflanzen sowie die sonstige Umwelt und Sachgüter vor möglichen Gefahren gentechnischer Verfahren und Produkte geschützt werden. Die konkreten Sicherheitsmaßnahmen ist den Anhängen zur Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV) zu entnehmen.
Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gentechnik
In Nordrhein-Westfalen liegt die Federführung des Vollzuges des Gentechnikgesetzes beim Umweltministerium NRW. Es führt die oberste Fachaufsicht über die Bezirksregierungen.
Zuständigkeiten auf Bundesebene:
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Beteiligt sind darüber hinaus:Rechtsentwicklung, Federführung:
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,
- Bundesministerium für Gesundheit,
- Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder
- Bundesministerium für Bildung und Forschung
- Zulassung von Freisetzungsvorhaben:
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Berlin - Zulassung von inverkehrzubringenden Produkten nach dem Gentechnikgesetz:
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Berlin
Zuständigkeiten auf Landesebene Nordrhein-Westfalen:
- Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und VerbraucherschutzStellungnahme bei Freisetzungsvorhaben:
- Anzeige, Anmeldung und Genehmigung gentechnischer Anlagen:
Bezirksregierung Düsseldorf - Überwachung gentechnischer Anlagen und Arbeiten sowie von Freisetzungsvorhaben:
Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster - Überwachung von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, hinsichtlich des Inverkehrbringens:
- Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster
- bei der Saatgutüberwachung unter Beteiligung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
- Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster unter Beteiligung der LandwirtschaftskammerÜberwachung des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen:
Genehmigungen
Die Bezirksregierung Düsseldorf ist zentral für die Genehmigung gentechnischer Anlagen sowie gentechnischer Arbeiten aller Sicherheitsstufen landesweit in Nordrhein-Westfalen zuständig. Sie führt die Anzeige-, Anmelde- und Genehmigungsverfahren durch. Hierfür prüft die Bezirksregierung für ganz Nordrhein-Westfalen die Antragsunterlagen und erstellt die Zustimmungs- und Genehmigungsbescheide.
Nationale Zulassungsstelle für beabsichtigte Freisetzungen und das Inverkehrbringen von Produkten ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
Überwachungen
Die Bezirksregierungen überwachen den Vollzug des Gentechnikgesetzes. Die Bezirksregierung Münster ist Überwachungsbehörde für gentechnische Vorhaben im Regierungsbezirk Münster. Sie prüft, ob die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Im Einzelnen überwacht das zuständige Dezernat 53:
- gentechnische Anlagen,
- die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen,
- das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Produkte.
Mitteilungsverfahren
Neben der Überwachung ist das Dezernat auch für bestimmte Mitteilungsverfahren nach dem Gentechnikgesetz zuständig. So nimmt es Mitteilungen entgegen über:
- die Einstellung des Betriebs einer gentechnischen Anlage,
- die Änderung der sicherheitsrelevanten Einrichtungen sowie
- einen nicht erwarteten Verlauf gentechnischer Arbeiten.
Kontrolle von Saatgut
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) ist für die Saatgutverkehrskontrolle zuständig. Die Bezirksregierung arbeitet mit dem Landesamt zusammen. So nimmt sie zum Beispiel im Rahmen der Überwachung Stichproben von Saatgut und lässt es auf Identität und Reinheit analysieren.
Beratung, Stellungnahme
Die Bezirksregierung hat auch eine Beraterfunktion. Sie berät Betreiber, Projektleiter und Beauftragte für die Biologische Sicherheit in allen Fragen zum Gentechnikrecht und zu Fragen der Anzeigeverfahren.
In Zulassungsverfahren gentechnischer Anlagen gibt die Behörde auch fachliche Stellungnahmen an die Bezirksregierung Düsseldorf ab.
Gentechnische Anlagen im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung
Im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung Münster sind derzeit 120 gentechnische Anlagen in Betrieb. Von diesen 120 Anlagen sind 96 S1-Anlagen und 24 S2-Anlagen.
Gesetzliche Grundlagen
Das Gentechnikgesetz und seine Rechtsverordnungen legen die Bedingungen für den Umgang mit der Gentechnik fest. Sie setzen europarechtliche Richtlinien in nationales Recht um, um die Voraussetzungen zu schaffen, Gentechnik zu erforschen, zu nutzen und zu fördern. Kernstück des Gentechnikrechts sind die Gentechnik-Sicherheitsverordnung, die Regelungen zur Risikobewertung und zu den Sicherheitsmaßnahmen.
Das Gentechnikgesetz gilt für:
- gentechnische Anlagen und gentechnische Arbeiten,
- Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen,
- das Inverkehrbringen (auf den Markt bringen) von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen.
Es gilt nicht für:
- die direkte Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen am Menschen (somatische Gentherapie),
- gentechnisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, deren Inverkehrbringen durch die Verordnung über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel geregelt wird,
- den Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen, die nicht gentechnisch verändert wurden (Biostoffverordnung),
- biotechnologische Anlagen ohne Gentechnikbezug.
Hintergrundinformationen zur Gentechnik
Die Gentechnik ist ein moderner Zweig der Biotechnologie. Er ermöglicht durch molekulargenetische Methoden, wie die Identifizierung, Isolierung und Bearbeitung von Genen, ein zielgerichtetes Eingreifen des Menschen in Lebensvorgänge. Die Bio- und Gentechnologie gilt heute als eine Schlüsseltechnologie, die sich in den verschiedensten Bereichen des Wirtschaftsgeschehens entfaltet. Wichtige Beiträge liefert die Gentechnik in den Bereichen:
- Diagnostik und Therapie von Krankheiten,
- energiesparende und umweltverträgliche Produktionsverfahren,
- Landwirtschaft,
- Lebensmittel und
- Umwelt.
Gen
Ein Gen (= Erbanlage) ist ein Abschnitt auf der Desoxyribonukleinsäure (DNA). Er enthält die verschlüsselte Information für ein Genprodukt und ist für die Ausprägung eines Erbmerkmals zuständig. Viele Gene enthalten die Information für die Bildung eines bestimmten Polypeptids (Strukturgen/Eiweiß).
Gentechnisch veränderter Organismus (GVO)
Ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO) ist nach § 3 Gentechnikgesetz „ein Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt“.
Beispiel: Wenn ein Züchter Pflanzen zweier verwandter Linien miteinander kreuzt, führt das zwar zum Austausch von Genen. Dieses ist ein natürlicher Vorgang. Werden jedoch Gene insbesondere durch DNA-Rekombinationstechniken übertragen, ist der dadurch erzeugte Organismus „gentechnisch verändert“.
1973 wurde das erste gentechnische Experiment durchgeführt. Dabei wurde mithilfe eines Transportermoleküls (= Plasmid) eine fremde Erbsubstanz auf das Darmbakterium Escherichia coli (E. coli) übertragen.
Ein Organismus ist nach § 3 Gentechnikgesetz „jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen“. Das können Pflanzen oder Tiere sein, aber auch Mikroorganismen wie
- Bakterien,
- Hefen,
- Pilze oder
- Viren.
Beispiel: Demnach ist Ketchup zwar aus gentechnisch veränderten Organismen (Tomaten) hergestellt, enthält diese jedoch nicht. Im Ketchup sind Tomaten so weit verarbeitet, dass sie sich nicht mehr vermehren können. Die Tomaten im Ketchup sind daher keine Organismen im Sinne des Gesetzes. Das Inverkehrbringen von Produkten, die aus oder mithilfe gentechnischer Verfahren hergestellt wurden, fällt innerhalb der EU unter die Novel-Foods-Verordnung.
Anwendungsgebiete der Gentechnik
Es werden vier Anwendungsgebiete der Gentechnik unterschieden:
- Medizin,
- Landwirtschaft,
- Industrie und
- Umweltschutz.
Zur Abgrenzung der Anwendungsgebiete wählt man die Farbbezeichnungen Rot, Grün, Weiß und Grau:
- Rote Gentechnologie: bezieht sich auf die Anwendung in der Medizin. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung und Herstellung von Medikamenten mittels gentechnisch veränderter Bakterien und Zellkulturen.
- Grüne Gentechnik: bezieht sich auf die Anwendung gentechnischer Verfahren in der Landwirtschaft. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Resistenzen gegen Schädlinge, Krankheiten oder Herbizide. Auch neue Produkteigenschaften spielen eine wichtige Rolle: höherer Ertrag, andere Fettsäurezusammensetzung, Anpassung an Standortbedingungen.
- Weiße Gentechnik: bezieht sich auf industrielle Anwendungen. Dabei geht es zum Beispiel um die Herstellung von Enzymen, Kunststoffen, Waschmitteln sowie allgemein die Biokatalyse im Sinne des Ersatzes von chemischen Prozessen durch bio- beziehungsweise gentechnische Verfahren.
In der Lebensmittelindustrie geht es um die Vitamine, Zusatz- und Hilfsstoffe. Mihilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen werden zum Beispiel Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker und Aromastoffe produziert. - Graue Gentechnik: Graue Gentechnik meint im engeren Sinn ihren Einsatz in der Umwelttechnik. Darunter fällt zum Beispiel der Einsatz spezifischer Mikroorganismen zur Reinigung von Abwasser und Böden.
Rechtsvorschriften
- Gesetz zur Durchführung der Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Gentechnik und über die Kennzeichnung ohne Anwendung gentechnischer Verfahren hergestellter Lebensmittel (EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz – EGGenTDurchfG) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz – GenTG) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Verordnung über Anhörungsverfahren nach dem Gentechnikgesetz (Gentechnik-Anhörungsverordnung – GenTAnhV) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Verordnung über Antrags- und Anmeldeunterlagen und über Genehmigungs- und Anmeldeverfahren nach dem Gentechnikgesetz (Gentechnik-Verfahrensverordnung – GenTVfV) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Verordnung über Aufzeichnungen bei gentechnischen Arbeiten und bei Freisetzungen (Gentechnik- Aufzeichnungsverordnung – GenTAufzV) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (GenTPflEV) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen (Gentechnik-Sicherheitsverordnung – GenTSV) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV); Verweis nach § 12 Abs. 8 und Anh. VI Gentechnik-Sicherheitsverordnung (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Verordnung zur Neuordnung des Rechts über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen. (Gentechnik-Sicherheitsverordnung – GenTSV (gültig ab dem 1. März 2021)) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
Zusätzliche Informationen
Ansprechpartner/innen
Bundesbehörden
- Bundesamt für Naturschutz (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Bundesinstitut für Risikobewertung (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik LAG (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
Landesbehörden NRW
- Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Saatgut – Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)
- Zulassungsverfahren für gentechnische Anlagen – Bezirksregierung Düsseldorf (externer Link öffnet sich in neuem Fenster)