Bezirksregierung Münster

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Im Blickpunkt – Umwelt und Natur


Umgang mit Ölpellets im Regierungsbezirk Münster

Gebäude am Domplatz

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In Nordrhein-Westfalen wird an zwei Standorten, in der Rheinland Raffinerie (Shell) in Köln und bei der Ruhr Oel (BP) in Gelsenkirchen, Rohöl zu höherwertigen Produkten wie Treibstoffen verarbeitet. In beiden Raffinerien wird unter anderem eine sogenannte „Schwerölvergasung“ betrieben, die zum Beispiel der Erzeugung von Wasserstoff dient. Dabei fallen stark rußhaltige Rückstände an, die teils als sogenannte Petrolkoks (Shell) oder als Ruß- oder Ölpellets (BP) bezeichnet wurden. Diese Rückstände, die sich je nach Verfahren und eingesetzter Rohöl-Sorte stark in ihrer stofflichen Zusammensetzung unterscheiden, enthalten regelmäßig Schwermetalle wie Nickel und Vanadium.

Für die umwelt- und gesundheitsgerechte Verwendung oder Entsorgung dieser Rückstände ist weniger ihre rechtliche Einstufung als „Produkt“ oder „Abfall“, sondern die ständige Kontrolle ihrer stofflichen Eigenschaften und die Überwachung einer entsprechenden Behandlung entscheidend. Bei der Ruhr Oel in Gelsenkirchen werden Ölpellets aufgrund ihres hohen Brennwerts bisher zielgerichtet als Ersatzbrennstoff für das benachbarte Kohlekraftwerk Scholven hergestellt. Dies ist sowohl sachlich möglich als auch rechtlich zulässig, weil das Kraftwerk Scholven die strengen Emissionsgrenzwerte für Schwermetalle einhält, die auch für eine Sondermüllverbrennungsanlage gelten. Pellets, die nicht im Kraftwerk Scholven verbrannt werden, sind als „gefährlicher Abfall“ in dafür zugelassenen Anlagen zu entsorgen.

Ruhr Oel ist verpflichtet, den Verbleib sämtlicher in der Raffinerie hergestellten Pellets zu dokumentieren und der Bezirksregierung Münster monatlich zu berichten. Die Möglichkeit der Mitverbrennung im Kraftwerk Scholven steht der Ruhr Oel voraussichtlich noch bis 2022 zur Verfügung. Danach soll das Steinkohle-Kraftwerk Scholven im Rahmen der Energiewende vom Netz genommen und durch ein Gas und Dampf-Kraftwerk (GuD) ersetzt werden.

Als Genehmigungs- und Kontrollbehörde ist die Bezirksregierung Münster sowohl für die Ölpellets zuständig, die bei der Ruhr Oel in Gelsenkirchen hergestellt werden, als auch für Pellets anderen Ursprungs, wenn diese im Regierungsbezirk in Aufbereitungs-und Verbrennungsanlagen eingesetzt oder auf Deponien abgelagert werden. Dies war zum Beispiel für die Rückstände aus der Kölner Shell-Raffinerie von 2014 bis 2017 sowohl in der Kokerei Prosper als auch in einer Ziegelei im Kreis Coesfeld der Fall. In den Jahren 2015 und 2016 wurden Shell-Rückstände auch bei einer Spedition im Kreis Recklinghausen gelagert. Seit 2017 werden Shell-Rückstände in einem Abfallbetrieb im Kreis Recklinghausen gemeinsam mit anderen Abfällen aufbereitet und als „gefährlicher Abfall“ entsprechend der Deponieverordnung auf der Zentraldeponie Emscherbruch deponiert.

Kurz erklärt: Ruß-Rückstände, Pellets und Petrolkoks – was ist was?

In den beiden nordrhein-westfälischen Öl-Raffinerien von BP in Gelsenkirchen und Shell in Köln wird Erdöl zu höherwertigen Produkten wie Benzin, Diesel und Flugzeugtreibstoff destilliert. Die Rohöl-Reste, die dazu nicht geeignet sind, werden in unterschiedlichen Anlagen weiterverarbeitet. Eine ist die sogenannte „Schweröl-Vergasung“. In diesem Prozess werden vor allem Wasserstoff und Methanol für industrielle Anwendungen erzeugt. Dabei fallen in beiden Raffinerien Ruß-Wasser-Gemische an, die unter anderem die Schwermetalle Nickel und Vanadium enthalten.

Bei Shell wird dieser Rückstand, der inzwischen rechtlich als „gefährlicher Abfall“ eingestuft ist, lediglich grob entwässert und nicht weiterbearbeitet. Sein Kohlenstoff-Anteil liegt unter 20 Prozent, er besteht zu 80 Prozent oder mehr aus Wasser. Aufgrund ihres hohen Flüssigkeitsanteils dürfen diese Ruß-Rückstände nicht unbehandelt deponiert werden. Die Rückstände werden mit anderen Stoffen so verarbeitet, dass der dabei entstandene Abfall auf dafür vorgesehenen und geeigneten Deponien wie der Zentraldeponie Emscherbruch eingelagert werden darf. Dieses Verfahren entspricht den Rechtsvorschriften und ist für Mensch und Umwelt sicher.

Bei BP dienen die Ruß-Rückstände dagegen als Ausgangsstoff zur Erzeugung von sogenannten Öl- oder Rußpellets: Dem Ruß wird Öl zugesetzt, um einen Pillen-förmigen Ersatzbrennstoff herzustellen. Die BP-Pellets setzen sich aus Kohlenstoff (87 Prozent), Wasserstoff (10 Prozent) und Schwefel (3 Prozent) zusammen. Der Brennwert dieser Pellets ist circa 25 Prozent höher als der von Steinkohle. Bei der gezielten Pellet-Herstellung für die Mitverbrennung im benachbarten Steinkohlekraftwerk Gelsenkirchen-Scholven wird sichergestellt, dass der Anteil von Nickel deutlich unter 1.500 Milligramm pro Kilogramm und der von Vanadium unter 4.500 Milligramm pro Kilogramm liegt. Damit unterschreiten die Schwermetall-Werte der Pellets immer die für das Kraftwerk Scholven zulässigen Grenzwerte (Nickel: 1.600 Milligramm/kg; Vanadium: 5.000 Milligramm/kg). Dies wird täglich kontrolliert und überwacht.

Das bedeutet für die Umwelt: Da die Filteranlagen des Kraftwerks Scholven die Auflagen der 17. BImSchV („Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen“) erfüllen, macht es in Bezug auf die Schwermetall-Emissionen keinen Unterschied, ob die BP-Pellets dort oder in einer Sondermüllverbrennungsanlage verfeuert werden. Daher ist die Verbrennung rechtlich zulässig und nach den gesetzlichen Vorgaben sicher.

Mit „Petrolkoks“, der bei BP ebenfalls hergestellt wird, haben weder die Ruß-Pellets aus Gelsenkirchen noch die Rußrückstände aus Köln etwas zu tun. „Petrolkoks“ wird in einem „Coker“ erzeugt und als Regelbrennstoff genutzt. Der wesentliche Unterschied zwischen „Petrolkoks“ und Steinkohlen-Koks aus normalen Kokereien ist der Ausgangsstoff Öl.

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Fragen und Antworten zur Verbrennung von Ölpellets im Kraftwerk Scholven

1. Was sind Ölpellets, wo fallen sie an, wie gefährlich sind sie?

Bei der Ruhr Oel GmbH (BP Deutschland) in Gelsenkirchen (ROG) wird Ruß aus der Schwerölvergasung zur besseren Verwendbarkeit mit Schweröl aus der Rohöldestillation vermischt und pelletiert. Diese Ölpellets werden bislang gezielt für den Einsatz im Kraftwerk Scholven hergestellt. Die Ölpellets enthalten neben Kohlenwasserstoffen auch Schwermetalle wie Nickel und Vanadium. Daher müssen sie in dafür zugelassenen Anlagen sicher entsorgt werden. Das trifft aktuell auf das Kraftwerk Scholven zu. Geht das Kraftwerk voraussichtlich ab 2022 im Rahmen der Energiewende vom Netz, ist der ROG dieser Weg verschlossen.

2. Welche rechtlichen Vorgaben gibt es für Ölpellets?

Die abfallrechtliche Bewertung hängt nicht von den stofflichen Eigenschaften der Ölpellets (hoher Brennwert, enthalten Schwermetalle etc.), sondern der Absicht des Herstellers ab: Wollte er diese Pellets mit einem Verwertungsziel erzeugen, können sie rechtlich als „Produkt“ oder Nebenprodukt angesehen werden, wenn neben anderen Anforderungen die weitere Verwendung der Ölpellets gesichert und der Einsatz in der vorgesehenen Anlage zulässig ist. Fallen Rückstände jedoch ohne Herstellungsabsicht nur bei der Schwerölvergasung an, werden sie rechtlich zu „Abfall“. Ölpellets, die zielgerichtet hergestellt werden und die genehmigten Ersatzbrennstoffkriterien (Schwefelgehalt, Schwermetallgehalte, Heizwert, Wasseranteil) erfüllen, sind Nebenprodukte, wenn sie im Kraftwerk Scholven gemäß der Genehmigung als Ersatzbrennstoffe eingesetzt werden. Wenn die Ölpellets die genehmigten Ersatzbrennstoffkriterien nicht erfüllen oder aufgrund der Mengenbegrenzung im Kraftwerk Scholven dort nicht eingesetzt werden können, sind sie als Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen. Ordnungsgemäß bedeutet, dass die Entsorgungsanlage für den Einsatz dieser Abfälle zugelassen sein muss. Ölpellets werden dabei als „gefährlicher Abfall“ eingestuft. Das bedeutet, dass für ihre Entsorgung die strengsten abfallrechtlichen Regeln angewandt werden.

3. Welche Vorschriften gelten beim Einsatz von Ölpellets im Kraftwerk Scholven?

Die Bezirksregierung Münster hat die Verbrennung der Ölpellets im Kraftwerk Scholven auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigt. Das Gesetz hat den Zweck, bei der Errichtung und beim Betrieb von Anlagen, Menschen und Umwelt vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Für den Betrieb des Kraftwerks und auch für den Einsatz der Ölpellets werden strenge Anforderungen gestellt, um die vom Kraftwerk ausgehenden Emissionen auf das nach dem Stand der Technik erreichbare Maß zu begrenzen. Für zahlreiche Stoffe wie zum Beispiel Kohlendioxid, Staub, Schwefeldioxid und Schwermetalle sind in der Anlagen-Genehmigung strenge Grenzwerte festgelegt worden, die regelmäßig von der Bezirksregierung kontrolliert werden.

Die Grenzwerte sind mit der 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung (17. BImSchV) vorgegeben. Diese Verordnung enthält die strengsten Grenzwerte für Emissionen aus Verbrennungsanlagen. Da die Ölpellets keine Regelbrennstoffe wie Kohle, Erdöl oder Erdgas sind, müssen die dort festgelegten Anforderungen zur Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen eingehalten werden. Ob die zu verbrennenden Ölpellets als Abfall oder als Produkt zu werten sind, spielt dabei keine Rolle. Die Abgasreinigung des Kraftwerkes muss so ausgestattet sein, dass Schadstoffe wirksam zurückgehalten und die Emissionsgrenzwerte sicher eingehalten werden.

Die aktuelle Genehmigung für den Einsatz von Ölpellets im Kraftwerk Scholven vom Dezember 2016 ist auf der Webseite der Bezirksregierung veröffentlicht:

4. Warum verbietet die Bezirksregierung Münster den Einsatz der Ölpellets im Kraftwerk Scholven nicht?

Im Genehmigungsverfahren wurde überprüft, ob alle Voraussetzungen für eine zulässige Verbrennung erfüllt werden. Die Genehmigung wird nur erteilt, wenn die Emissionsgrenzwerte nach der 17. BImSchV eingehalten werden und nach den gesetzlichen Vorgaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu erwarten sind. Weil diese Voraussetzungen erfüllt sind, hatte der Antragsteller (der Betreiber des Kraftwerks Scholven, früher E.on, heute Uniper) nach bestehender Rechtslage einen Anspruch auf Genehmigung. Die Bezirksregierung hat dann kein Ermessen und musste den Antrag auf Mitverbrennung der Ölpellets genehmigen.

5. Wie kontrolliert die Bezirksregierung Münster die Einhaltung der Anforderungen an den Einsatz von Ölpellets im Kraftwerk?

Bei der Überwachung der Emissionen macht die 17. BImSchV klare Vorgaben. Die Anlage wird durch die Bezirksregierung überwacht. Kontinuierlich zu ermittelnde Emissionen werden zudem per Emissionsfernüberwachung einmal täglich an die Bezirksregierung übertragen. Dazu gehören beispielsweise Schwefeldioxid oder Stickstoffdioxid. Sowohl der Kraftwerksbetreiber als auch die ROG führen mit einem eigenen zertifizierten, beziehungsweise beauftragten und akkreditierten Labor, täglich Analysen der Nickel- und Vanadiumgehalte in den Pellets durch. Die Schwermetallemissionen der Abluft des Kraftwerks müssen zudem jährlich durch eine zugelassene sachverständige Stelle ermittelt werden. Keine dieser Ergebnisse haben bisher eine Überschreitung der Emissionen der angesprochenen Schwermetallverbindungen gezeigt.

6. Wie kontrolliert die Bezirksregierung Münster die Entsorgung von Ölpellets, die als Abfall entsorgt werden müssen?

Im Jahr 2014 wurde die Entsorgung der Ölpellets, die nicht im Kraftwerk Scholven verbrannt werden dürfen, aufgrund staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen in Bezug auf unsachgemäße Entsorgung durch Drittunternehmen einer intensiven Prüfung unterzogen. Die abfallrechtliche Einstufung dieser nicht spezifikationsgerechten Ölpellets wurde angepasst. Es erfolgte eine Einstufung als sogenannter gefährlicher Abfall (Abfallschlüssel 070108*). Dies hat zur Folge, dass seitdem ein zweistufiges Nachweisverfahren mit Vorab- und Verbleibskontrolle durchgeführt wird.

Zum Hintergrund: In Folge der staatsanwaltlichen Ermittlungen wurde am Landgericht Bochum ein Strafverfahren durchgeführt, in dem mehrere Personen angeklagt waren, zwischen 2010 und 2013 rund 30.000 Tonnen Ölpellets vermischt mit anderen Abfällen in eine Tongrube (Schermbeck, Kreis Wesel) verbracht zu haben. Nicht im Kraftwerk Scholven verbrannte Abfälle wurden nacheinander in mehreren Abfall­ent­sorgungs­anlagen mit anderen Abfällen vermischt und illegal in der Tongrube abgelagert. Dieses kriminelle Vorgehen fiel zunächst nicht auf, wäre aber heute aufgrund der lückenlosen Verbleibskontrolle nicht mehr möglich. In den monatlichen Übersichten, die ROG vorlegen muss, werden auch die Entsorgungsanlagen benannt. Damit geht die Bezirksregierung seit 2014 deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus.

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