Bezirksregierung
Münster

Enteignung

Eine Enteignung ist ein staatlicher Eingriff in privates Eigentum an Grund und Boden, um Infrastrukturmaßnahmen zu verwirklichen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Nur in Ausnahmefällen sieht das Gesetz eine Enteignung vor. Diese Ausnahmen gründen auf der sozialen Verpflichtung des privaten Eigentums.

Gemeinnutz geht über Eigennutz

In Artikel 14 Absatz 2 Grundgesetz heißt es dazu: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Allgemeinwohl dienen.“

Die Voraussetzungen für eine Enteignung sind im Einzelnen:

  • die Enteignung dient dem Wohl der Allgemeinheit,
  • die Enteignung erfolgt gegen eine angemessene Entschädigung und
  • die Enteignung ist in einem Gesetz zugelassen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.

Des Weiteren gilt:

  • der Enteignungszweck kann nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden,
  • der Antragstellende hat sich zuvor ernsthaft und zu angemessenen Bedingungen um den freihändigen Erwerb des Grundstücks bemüht und – sofern dies vorgesehen ist – Ersatzland angeboten.
  • Erfordert das Vorhaben einen Planfeststellungsbeschluss oder einen anderen Verwaltungsakt, muss dieser unanfechtbar sein. Wenn er nicht unanfechtbar ist, darf ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung haben.
  • Erfolgt das Vorhaben auf der Grundlage eines Bebauungsplanes, muss dieser rechtswirksam sein.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen für Enteignungsverfahren bilden:

  • das Gesetz über Enteignung und Entschädigung für das Land Nordrhein-Westfalen (EEG NW) in Verbindung mit Fachgesetzen (diese können zum Beispiel das Straßen- und Wegegesetz oder das Energiewirtschaftsgesetz sein),
  • das Baugesetzbuch und
  • das Landbeschaffungsgesetz

Enteignungsverfahren

Die Beantragung einer Enteignung bei der Enteignungsbehörde ist das letzte Mittel des Projektträgers, wenn alle gütlichen Verhandlungen mit den Betroffenen nicht zum Erfolg geführt haben. In jedem Stadium des Enteignungsverfahrens ist die Enteignungsbehörde als unparteiische Vermittlerin bemüht, eine Einigung zwischen den Beteiligten zu erzielen.

Förmliches Verfahren

Das Enteignungsverfahren ist ein förmliches Verfahren. Geregelt ist es in den §§ 18 ff. des Landesenteignungs- und -entschädigungsgesetzes (EEG NW), in den §§ 104 ff. des Baugesetzbuches (BauGB) sowie in den §§ 28 ff. des Landbeschaffungsgesetzes (LandBG).

Alle nötigen Angaben einer Beantragung auf Enteignung entnehmen Sie bitte dem „Merkblatt für den Antrag auf Enteignung“ im Downloadbereich. 

Die einzelnen Phasen des Enteignungsverfahrens entnehmen Sie bitte auch der Broschüre Enteignung.

Enteignungsbehörde

Die Bezirksregierung Münster befasst sich als Enteignungsbehörde mit Enteignungsverfahren, Besitzeinweisungsverfahren und Entschädigungsfestsetzungsverfahren.

Bei vielen öffentlichen Aufgaben, wie zum Beispiel dem Bau von Straßen, Energieversorgungsleitungen oder Abfallanlagen werden private Grundstücke benötigt. Nicht immer sind Eigentümer bereit, ihr Privateigentum zu den angebotenen Bedingungen abzugeben. Neben dem Eigentumsrecht können auch andere Rechte, wie Mietrechte, Wegerechte oder Altenteilsrechte betroffen sein.

Konfliktmoderator

Als kompetenter Konfliktmoderator vermittelt die Enteignungsbehörde in diesen Fällen zwischen den Parteien mit dem Ziel einer gütlichen Einigung. Die Enteignungsbehörde ist dabei bestrebt, Enteignungen zu vermeiden. Die Mitarbeiter des zuständigen Dezernats Enteignung setzen sich dafür im Rahmen informeller Gespräche, aber auch im förmlichen Verfahren mit den Beteiligten an einen Tisch. Als Moderatoren informieren sie die Beteiligten und loten einvernehmliche Lösungen aus.

Im Rahmen einer Einigung können Randprobleme gelöst werden, deren Regelung in einem Enteignungsbeschluss nicht möglich wäre. So können zum Beispiel Wünsche nach weiteren Zufahrten oder nach Bepflanzungen als Lärmschutz erörtert werden.

Unter der Moderation der Bezirksregierung Münster wurden in den letzten Jahren alle Enteignungsverfahren und circa 80 % aller Verfahren gütlich beendet.

Neutraler Vermittler

In den Verfahren nimmt die Enteignungsbehörde stets eine neutrale Position ein, auch wenn sie an Planungsbeschlüsse oder Bebauungspläne gebunden ist. Als neutraler Vermittler schlichtet sie zwischen den konkurrierenden Interessen und sorgt für eine angemessene und gerechte Entschädigung Betroffener.

Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit

Um Maßnahmen umzusetzen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen, muss manchmal in private Grundstücke und Grundstücksrechte eingegriffen werden. Wenn eine Regelung nicht möglich ist, kann auch ein geplantes Vorhaben zu scheitern drohen. Dann entscheidet die Enteignungsbehörde über die Möglichkeit einer Enteignung, einer vorzeitigen Besitzeinweisung und einer angemessenen Entschädigung.

Gesetzliche Grundlage

Gesetzliche Grundlage der Entscheidungen der Bezirksregierung sind das Baugesetzbuch, das Landbeschaffungsgesetz sowie das Landesenteignungsgesetz und Landesentschädigungsgesetz Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit Fachgesetzen (wie zum Beispiel den Straßengesetzen oder dem Energiewirtschaftsgesetz).

Merkblätter

Enteignungsbetroffene und Antragsteller von Anträgen auf Enteignung, Entschädigungsfestsetzung oder Besitzeinweisung, können zusätzlich zu den Informationen der Internetseite spezielle Merk- und Informationsblätter im Downloadbereich abrufen.

Einen Antrag auf Enteignung kann der Projektträger bei der Enteignungsbehörde stellen. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Grundstückseigentümer oder Inhaber sonstiger Rechte ein angemessenes Kauf- beziehungsweise Entschädigungsangebot ausgeschlagen haben.

Antrag auf Enteignung

Bei Enteignungsverfahren nach dem Baugesetzbuch (BauGB) reicht der Projektträger den Antrag auf Enteignung bei der Gemeinde, in deren Gemarkung das zu enteignende Grundstück liegt, ein (Annahmestelle). Enteignungsbehörde ist auch hier die Bezirksregierung.

Der Antragsteller muss in dem Antrag auf Enteignung insbesondere

  • das Wohl der Allgemeinheit begründen,
  • die zu enteignenden Gegenstände bezeichnen sowie
  • die Beteiligten mit Namen und Anschrift angeben,
  • den Antrag in dreifacher Ausfertigung plus je ein Exemplar für jeden Beteiligten einreichen.

Sämtliche Angaben entnehmen Sie bitte dem „Merkblatt für den Antrag auf Enteignung“ im Downloadbereich.

Anhörung

Mit einer Anhörung ermöglicht die Enteignungsbehörde den Beteiligten nach Eingang der Antragsunterlagen ihre Standpunkte darzulegen.

Grundstückseigentümer sollten spätestens in der Anhörung angeben, ob Miet- oder Pachtverhältnisse für das betroffene Grundstück bestehen.

Beteiligte

Beteiligte in einem Enteignungsverfahren sind insbesondere

  • Antragsteller (in der Regel ist das der Projektträger, zum Beispiel die Straßenbaubehörde oder die Kommune),
  • Eigentümer,
  • Inhaber eines im Grundbuch eingetragenen Rechtes (zum Beispiel Wegeberechtigte, Altenteilberechtigte),
  • Inhaber eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechtes, wenn sie ihre Rechte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung anmelden (zum Beispiel Pächter, Mieter), und
  • die Gemeinde.

Wertgutachten

In der Regel bewertet der zuständige unabhängige Gutachterausschuss für Grundstückswerte oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter im Auftrag der Enteignungsbehörde in der Regel das Grundstück.

Das Wertgutachten berücksichtigt mit der Entschädigungshöhe den durch die Enteignung eingetretenen Rechtsverlust und andere durch die Enteignung eingetretenen Vermögensnachteile. Dies kann zum Beispiel die Wertminderung einer Restfläche sein.

Die Enteignungsbehörde versendet das Wertgutachten an alle Beteiligten.

Auf Basis des Wertgutachtens versucht die Enteignungsbehörde erneut, eine Einigung zwischen den Parteien zu erreichen.

Ladung zur mündlichen Verhandlung

Können sich der Betroffene und der Projektträger nicht einigen, leitet die Enteignungsbehörde das Enteignungsverfahren ein. Sie lädt die Beteiligten dafür zur mündlichen Verhandlung förmlich ein. Die Ladungsfrist beträgt einen Monat. Das heißt die Beteiligten haben gut vier Wochen Zeit, sich auf den Termin vorzubereiten. Während der Ladungsfrist können weitere Unterlagen nachgereicht und Stellungnahmen oder Erklärungen abgegeben werden.

Enteignungsvermerk

Die Enteignungsbehörde ersucht das Grundbuchamt, in das Grundbuch des betroffenen Grundstücks einen Enteignungsvermerk einzutragen.

Für das Grundstück mit Enteignungsvermerk benötigen Berechtigte nun für bestimmte Grundstücksgeschäfte die Zustimmung der Enteignungsbehörde.

Der Enteignungsvermerk wird nach Abschluss des Verfahrens wieder gelöscht.

Öffentliche Bekanntmachung

Die Einleitung des Enteignungsverfahrens und den Termin der mündlichen Verhandlung macht die Behörde in der Regel auch ortsüblich öffentlich bekannt. Mit der öffentlichen Bekanntmachung kann sie eventuelle Drittberechtigte ermitteln.

Mündliche Verhandlung

Auch wenn die Ladung zur mündlichen Verhandlung öffentlich bekanntgemacht wird, ist die Verhandlung kein öffentlicher Termin. An der mündlichen Verhandlung dürfen nur die Beteiligten und ihre Bevollmächtigten teilnehmen.

In der mündlichen Verhandlung versucht die Enteignungsbehörde unter Erörterung der Sach- und Rechtslage zwischen den Parteien zu vermitteln und eine für alle Seiten tragbare Lösung zu finden. Dabei wird diskutiert über:

  • die grundsätzliche Zulässigkeit der Enteignung,
  • über das notwendige Maß und
  • über Entschädigungsfragen.

Einigung

Kann eine Einigung erzielt werden, beurkundet die Enteignungsbehörde diese. Die Einigungsurkunde entspricht einem notariellen Vertrag und muss Angaben enthalten

  • zur Eigentumsübertragung oder zur Belastung des Eigentums und
  • zur Höhe der Entschädigung.

Teileinigung

Können sich die Beteiligten nur über den Übergang beziehungsweise die Belastung des Eigentums einigen, jedoch nicht über die Höhe der Entschädigung, so kann dies in Form einer Teileinigung beurkundet werden. Die Entschädigungshöhe klärt die Enteignungsbehörde dann im weiteren Verfahren.

Enteignungsbeschluss

Wenn keine Einigung zwischen den Parteien zustande kommt, entscheidet die Enteignungsbehörde durch Beschluss. Der Enteignungsbeschluss ist ein Verwaltungsakt.

Wird dem Antrag stattgegeben, regelt der Enteignungsbeschluss

  • die Rechtsänderungen (zum Beispiel Eigentumsübergang, Belastung des Grundstücks mit einem Recht) und
  • die hierfür zu leistende Art und Höhe der Entschädigung.

Die Enteignungsbehörde orientiert sich bei der Festsetzung der Entschädigungshöhe in der Regel an dem Wertgutachten.

Weiterhin enthält der Enteignungsbeschluss eine Frist, innerhalb der das Grundstück zu dem vorgesehenen Zweck verwendet werden muss.

Die Ausführungsanordnung

Die Enteignungsbehörde erlässt eine Ausführungsanordnung, um den Zeitpunkt der Rechtsänderung zum Beispiel für den Eigentumsübergang zu bestimmen. Die Ausführungsanordnung kann von allen Beteiligten beantragt werden.

Voraussetzung ist, dass

  • der Enteignungsbeschluss nicht mehr anfechtbar ist und
  • die Enteignungsentschädigung gezahlt wurde.

Die Ausführungsanordnung ist ein Verwaltungsakt und geht allen Beteiligten zu. Ist sie unanfechtbar geworden, veranlasst die Enteignungsbehörde beim zuständigen Grundbuchamt,

  • die Rechtsänderung (zum Beispiel Eigentümerwechsel, Grundbuchbelastung) zu dem in der Ausführungsanordnung festgesetzten Tag in das Grundbuch einzutragen und
  • den bei Einleitung des Enteignungsverfahrens eingetragenen Enteignungsvermerk zu löschen.

Rechtsbehelf

Den Enteignungsbeschluss und die Ausführungsanordnung können Betroffene gerichtlich überprüfen lassen. Die Rechtsbehelfsbelehrung führt auf, welcher Rechtsbehelf bei welcher Stelle einzureichen ist. Hierzu haben die Betroffenen einen Monat Zeit. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist der Entscheidung beigefügt.

Nur gegen Entschädigung ist eine Enteignung zulässig. So bestimmt es Artikel 14 Absatz 3 des Grundgesetzes. Die Entschädigung für eine Enteignung ist kein Schadensersatz, sondern ein Wertausgleich für den erlittenen Rechtsverlust. Die Entschädigung umfasst nicht die durch die Enteignung möglicherweise entgangenen Chancen und Gewinne.

Die Enteignungsentschädigung setzt sich zusammen aus:

  • der Entschädigung für den Rechtsverlust (bemisst sich nach dem Verkehrswert) und
  • der Entschädigung für andere Vermögensnachteile (Folgeschäden).

Das Gesetz gewährt die Entschädigung in der Regel in Geld. In Ausnahmefällen setzt es die Entschädigung auch in Ersatzland fest.

Entschädigung in Ersatzland

Auf Antrag kann die Bezirksregierung Entschädigung in Ersatzland gewähren, wenn

  • der Eigentümer auf Ersatzland angewiesen ist
    • zur Sicherung seiner Berufs-/Erwerbstätigkeit oder
    • zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben und
  • Ersatzland zur Verfügung steht oder Ersatzland zu angemessenen Bedingungen beschafft werden kann.

Verkehrswert

Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre. In der Regel ermittelt der zuständige Gutachterausschuss für Grundstückswerte oder ein von der Enteignungsbehörde beauftragter öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständige den Verkehrswert.

Kriterien der Wertermittlung

Kriterien, die die Wertermittlung beeinflussen, sind unter anderem:

  • Lage,
  • Bodenbeschaffenheit,
  • Größe,
  • Grundstücksgestalt,
  • Art und Maß der baulichen Nutzbarkeit,
  • Erschließungszustand,
  • Gebäudewerte und
  • Werte sonstiger Anlagen.

Die Wertermittlung richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalles, jedoch ohne Berücksichtigung von ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen.

Verfahren zur Verkehrswertermittlung

Zur Verkehrswertermittlung von Grundstücken werden hauptsächlich drei Verfahren angewandt:

Vergleichswertverfahren (§§ 24 ff. ImmoWertV)

Das Vergleichswertverfahren eignet sich nur für die Ermittlung des Verkehrswertes unbebauter Grundstücke und ist eine von der Rechtsprechung anerkannte Methode. Der Verkehrswert wird dabei aus dem Mittelwert von Kaufpreisen vergleichbarer Grundstücke abgeleitet.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Methode ist:

  • Es müssen in ausreichender Anzahl Kaufpreise geeigneter Vergleichsgrundstücke zur Verfügung stehen.
  • Die Vergleichsgrundstücke und das zu begutachtende Grundstück müssen nach den wertbildenden Merkmalen hinreichend übereinstimmen.
  • Kaufpreise, die durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst sind, dürfen in den Vergleich nicht einfließen.

Bodenrichtwerte

Neben oder anstelle von Vergleichspreisen können Gutachter geeignete Bodenrichtwerte heranziehen. Ein Bodenrichtwert ist ein durchschnittlicher Wert je Quadratmeter für ein Gebiet mit im Wesentlichen gleichen Nutzungs- und Wertverhältnissen. Berücksichtigt wird der vorhandene Entwicklungszustand.

Die unabhängigen Gutachterausschüsse ermitteln in regelmäßigen Zeitabständen die Bodenrichtwerte anhand ihrer Kaufpreissammlungen.

Ertragswertverfahren (§§ 27 ff. ImmoWertV)

Das Ertragswertverfahren wird in der Regel angewendet bei

  • bebauten Grundstücken, die vermietet oder verpachtet werden, um Ertrag zu erzielen,
  • bei bebauten Grundstücken, die für Produktions- oder Dienstleistungszwecke eigengenutzt werden,
  • bei Grundstücken, die über abbauwürdige Bodenschätze (zum Beispiel Kies, Sand, Ton) verfügen.

Im Ertragswertverfahren setzt sich der Grundstückswert zusammen aus

  • dem Bodenwert und
  • dem Wert der baulichen Anlagen.

Die zwei Werte werden zunächst getrennt ermittelt und dann zum Ertragswert des Grundstücks zusammengefasst. Der Verkehrswert ergibt sich jedoch nicht nur aus der mathematischen Addition; sondern auch sonstigen den Wert beeinflussenden Umständen, soweit sie noch nicht erfasst sind. Des Weiteren ist die Lage auf dem Grundstücksmarkt zu berücksichtigen. Der Markt bestimmt den Verkehrswert.

Bodenwert

Der reine Bodenwert wird auch hier im Allgemeinen nach den Grundsätzen des Vergleichswertverfahrens berechnet, während der Wert der baulichen Anlagen nach dem Ertragswertverfahren ermittelt wird.

Bauliche Anlagen

Bei der Ermittlung des Ertragswertes der baulichen Anlagen ist von dem nachhaltig erzielbaren jährlichen Reinertrag des Grundstücks auszugehen. Der Reinertrag ergibt sich aus dem Rohertrag (zum Beispiel Mieten und Pachten) abzüglich der Bewirtschaftungskosten (zum Beispiel Betriebs- u. Instandhaltungskosten).

Sachwertverfahren (§§ 35 ff. ImmoWertV)

Das Sachwertverfahren eignet sich für Grundstücke, bei denen für den Nutzer nicht die Ertragserzielung im Vordergrund steht. Es ist insbesondere bei Objekten anzuwenden, die am Grundstücksmarkt nach ihrem Substanzwert gehandelt werden, wie zum Beispiel Einfamilienhaus-Grundstücke.

Der Sachwert des Grundstücks setzt sich zusammen aus

  • dem Bodenwert,
  • dem Wert der baulichen Anlagen (zum Beispiel Gebäude, besondere Betriebseinrichtungen, Garagen) und
  • dem Wert der sonstigen Anlagen (zum Beispiel Außenanlagen wie Terrassen).

Die einzelnen Werte werden zunächst gesondert ermittelt und ergeben zusammen den Sachwert des Grundstücks. Der Verkehrswert ergibt sich jedoch auch hier nicht allein aus der mathematische Addition; sonstige den Wert beeinflussende Umstände und die Lage auf dem Grundstücksmarkt sind ebenfalls zu berücksichtigen. Es kommt darauf an, was mögliche Käufer zahlen würden.

Bodenwert

Der reine Bodenwert wird auch hier im Allgemeinen nach den Grundsätzen des Vergleichswertverfahrens berechnet, während der Wert der baulichen und sonstigen Anlagen nach den Herstellungswerten zu ermitteln ist.

Gebäude- und Anlagenwert

Der Herstellungswert von Gebäuden ist unter Berücksichtigung ihres Alters und von Baumängeln/Bauschäden sowie sonstiger wertbeeinflussender Umstände zu ermitteln.

Der Herstellungswert von Außenanlagen und sonstigen Anlagen wird, soweit sie nicht vom Bodenwert miterfasst werden, nach Erfahrungssätzen oder nach den gewöhnlichen Herstellungskosten ermittelt.

Diese drei Verfahren zur Verkehrswertermittlung werden in der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) näher definiert.

Die Neufassung der ImmoWertV ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten. Danach wird der vorläufige Vergleichs-, Ertrags- bzw. Sachwert nach Berücksichtigung der Marktanpassung als marktangepasster vorläufiger Wert, der Berücksichtigung von objetkspezifischen Grundstücksmerkmalen zum Wert und ggf. aus der Berücksichtigung von mehreren Verfahren zum Verkehrswert.

Der Projektträger trägt in der Regel die Kosten des Enteignungsverfahrens.

Kosten können entstehen durch:

  • Amtshandlungen der Enteignungsbehörde (Verwaltungsgebühr),
  • Erstellung von Gutachten,
  • sonstige Aufwendungen (zum Beispiel Fahrtkosten),
  • Zuziehung eines Rechtsbevollmächtigten

Wenn die Betroffenen einen Rechtsanwalt oder sonstigen Bevollmächtigten hinzuziehen, erkennt die Enteignungsbehörde dies in der Regel als notwendig an. Somit sind auch diese Aufwendungen vom Projektträger zu übernehmen.

Die Betroffenen können die Entscheidungen der Enteignungsbehörde gerichtlich überprüfen lassen. Die Rechtsbehelfsbelehrung führt auf, welcher Rechtsbehelf bei welcher Stelle einzureichen ist. Die Belehrung ist der Entscheidung beigefügt Der Rechtsbehelf muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung bei der zuständigen Stelle eingegangen sein.

Der Rechtsweg ist für die verschiedenen Verfahren unterschiedlich geregelt.

Verfahren nach dem Landesenteignungsgesetz und dem Landbeschaffungsgesetz

Für Verfahren nach dem Landesenteignungs- und -entschädigungsgesetz (EEG NW) und für Verfahren nach dem Landbeschaffungsgesetz (LandBG) gibt es einen zweigleisigen Rechtsweg:

  • Soll die Rechtmäßigkeit der Enteignung geprüft werden, kann die Entscheidung mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden.
    • Ist lediglich die Entschädigungshöhe im Enteignungsbeschluss streitig, dann können Betroffene einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei der Bezirksregierung Münster als Enteignungsbehörde einreichen. Die Enteignungsbehörde leitet den Antrag weiter an das Landgericht – Kammer für Baulandsachen –, das über den Antrag entscheiden wird.
  • Gegen Ausführungsanordnungen können Betroffene ebenfalls vor dem Verwaltungsgericht klagen. In der Klage gegen die Ausführungsanordnung können Betroffene keine Gründe mehr vorbringen, über die im Enteignungsbeschluss bereits unanfechtbar entschieden worden ist.
  • Im Rahmen von Einigungen ist der Rechtsweg ausgeschlossen. Denn die Verfahrensbeteiligten erklären jeweils ausdrücklich Rechtsmittelverzicht „gegen die nach Schlussvermessung zu erlassende Ausführungsanordnung“.

Verfahren nach dem Baugesetzbuch

Bei Verfahren nach dem Baugesetzbuch stellen Betroffene stets einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung und reichen ihn bei der Enteignungsbehörde ein. Über diesen Antrag entscheidet die Baulandkammer des zuständigen Landgerichts. Die Baulandkammern sind bei den Landgerichten in Arnsberg, Detmold, Düsseldorf und Köln eingerichtet.

Auch die Ausführungsanordnung können Betroffene durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechten (mit Ausnahme der Einigungsfälle). Allerdings können sie auch hier keine Gründe mehr vorbringen, über die im Enteignungsbeschluss unanfechtbar entschieden worden ist.

Hinweis zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung muss nicht ein Rechtsanwalt unterzeichnen. Im Verfahren vor dem Landgericht – Kammer für Baulandsachen – müssen Beteiligte, die Anträge zur Hauptsache stellen, sich aber durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.