Newsletter Energiewende 09/2023
Der Regionalplan Münsterland, der neben vielen anderen Belangen auch künftige Vorrangflächen für Windenergie festschreibt, befindet sich noch bis zum 30. September 2023 in der Offenlage. So lange können unter anderem Träger Öffentlicher Belange und andere ihre Stellungnahmen dazu abgeben.
Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V. (LEE) tat dies auf eher verfahrensunübliche Weise: Am 7. September 2023 veröffentlichte er die in Großbuchstaben betitelte Pressemitteilung „REGIONALPLAN MÜNSTER: ENTWURF GEFÄHRDERT ZIELE DER LANDESREGIERUNG BEIM WINDENERGIEAUSBAU”. Die LEE-Botschaft in einem Satz:
„Eine Studie im Auftrag des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW zeigt, dass rund 70 Prozent der im Regionalplanentwurf Münster ausgewiesenen Flächen für die Windenergie ungeeignet sind.” (LEE)
Die Position der Bezirksregierung Münster dazu ist eindeutig: „Die Behauptung des Lobby-Verbands LEE, der Entwurf des Regionalplans Münsterland gefährde die Landesziele beim Ausbau der Windenergie, ist nicht nachvollziehbar. Die Behauptung, rund 70 Prozent der im Regionalplanentwurf Münster ausgewiesenen Flächen für die Windenergie seien ungeeignet, ist sachlich schlicht falsch.” Beides sei dem LEE bekannt, da er als Verfahrensbeteiligter eingeladen sei, seine Anmerkungen zum vorliegenden Entwurf des Regionalplans fristgerecht vorbringen.
Um seinen Behauptungen eine möglichst weite Verbreitung zu verschaffen, sandte der LEE seine Pressemitteilung bereits einen Tag vor der offiziellen Verbreitung an den WDR. Der fragte zwar bei der Bezirksregierung Münster, verwendete in seiner Berichterstattung jedoch nur einen geringen Teil der Antworten – und stellte zusätzlich die Arbeit der Regionalräte infrage:
„Die schwarz-grüne Landesregierung will mehr Windräder aufstellen. Deshalb lässt sie die Regionalräte Vorranggebiete ausweisen. Eine erste Analyse zeigt nun: Dieses Vorgehen hat seine Tücken.” (WDR)
Dass Redaktionen Stellungnahmen und eingeholte Antworten kürzen müssen, verstehen wir natürlich. Das liegt in der Natur journalistischer Formate. Für alle, die sich gerne ein vollständiges Bild machen würden, haben wir hier die drei Fragen, die der WDR uns gestellt hat, und die vollständigen Antworten, die wir ihm gegeben haben, noch einmal zusammengestellt:
Beabsichtigt die Regionalplanung Münster, den Entwurf noch einmal anzupassen?
Antwort: Wie umfangreich berichtet, befindet sich der Regionalplan für das Münsterland seit dem Frühjahr in einem umfangreichen Anpassungs- und Änderungsverfahren. In der derzeitigen Offenlegungsphase bis zum 30. September 2023 sind vor allem die Gemeinde- und Stadträte sowie die Kreistage, aber auch alle Träger öffentlicher Belange eingeladen, sich zum vorliegenden Entwurf des Regionalplans zu äußern. Alle Stellungnahmen – auch die des LEE, so er denn eine vorbringt – werden sachgerecht geprüft. Die Entscheidung über den Regionalplan trifft abschließend der Regionalrat Münsterland als „Herr des Verfahrens“ vorbehalten, ob es zu einer Veränderung der derzeit im Entwurf festgelegten Windenergiebereiche kommt.
Der Regionalrat Münster ist sich dabei seiner regionalen Verantwortung bei der Umsetzung der Energiewende bewusst. Es gehört hingegen aber auch zum Selbstverständnis des Regionalrates, die vorhandenen kommunalen Windenergieplanungen und Leistungen anzuerkennen und in die Regionalplanung zu integrieren. Um die Ziele des WindBG schnellstmöglich umzusetzen und damit Planungssicherheit zu schaffen, wurden die kommunalen Windenergiegebiete im Vertrauen auf ihre Anrechenbarkeit in das laufende Verfahren aufgenommen. Nur unter Einbeziehung der kommunalen Flächen wird es gelingen, den Flächenbeitragswert zu erfüllen.
Warum weist die Regionalplanung Münster zahlreiche Flächen, die das LANUK als geeignet identifiziert hat, nicht für die Windenergie aus?
Antwort: Weil die Flächenanalyse Windenergie NRW des LANUK gar nicht dazu gedacht ist, konkrete Flächenvorschläge zur Umsetzung der Teilflächenziele für die einzelnen Planungsregionen zu treffen. Die Festlegung der Windenergiegebiete in der jeweils zugewiesenen Größenordnung ist Aufgabe der jeweiligen Planungsregionen (Bezirksregierungen und RVR) in ihren Regionalplänen. Dabei greift die Bezirksregierung Münster auf Rahmenfestlegung der regionalen Teilflächenziele im Landesentwicklungsplan NRW (LEP) als fachliche Grundlage zurück.
Im Münsterland besteht etwa seit dem Jahr 2000 eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit der Kommunen und der Regionalplanung bei der Steuerung der Windenergie. Dies hat zu der Errichtung von etwa 1000 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleitung von ca. 1780 MW geführt (zur Einordnung: das Atomkraftwerk Isar 2 hatte eine Leistung von 1485 MW). Das bedeutet:
„Damit gehört das Münsterland zu den Regionen, in denen der meiste Windstrom in NRW produziert wird - mit einer weit überwiegenden und aktuell steigenden Akzeptanz in der Öffentlichkeit.” (Bezirksregierung Münster)
Eine weitere bundesweite Vorreiterrolle beabsichtigt das Münsterland bei der Umsetzung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) einzunehmen. Daher hat der Regionalrat Münster bereits am 12.12.2022 eine Änderung des Regionalplanes Münsterland eingeleitet, mit der die Flächenziele des WindBG für den Ausbau der Windenergie in der Region Münsterland umgesetzt werden sollen. Das Münsterland wird damit die erste Region in NRW sein, die die Ziele des WindBG formal umsetzt.
Gibt es einen Grund dafür, dass die Regionalplanung Münster die Flächen für Windräder so restriktiv ausweist?
Antwort: Von einer restriktiven Ausweisung kann keine Rede sein. Richtig ist das Gegenteil: Das Münsterland übererfüllt die Ziele der Landesplanung. Auf Basis der LANUK- Analyse verfolgt die Landesregierung NRW eine gerechte Verteilung der geeigneten Windflächen auf die sechs Planungsregionen des Landes. Im Ergebnis ergibt dies für die Planungsregion Münster ein Teilflächenziel von 2,13 Prozent mit einer regionalen Gesamtfläche von 12.670 ha. Um die Vorgaben umzusetzen, sind im Entwurf zur Änderung des Regionalplans 277 Windenergiegebiete mit einer Gesamtfläche von ca. 15.749 ha enthalten. Dies sind 3.000 ha mehr als die zukünftige Mindestvorgabe des LEP.
Darüber muss man zu der Behauptung des LEE, der Regionalplan-Entwurf Münsterland stehe „im krassen Widerspruch zur geltenden Rechtslage, da das Windflächenbedarfsgesetz die Bundesländer verpflichtet, nur Flächen als Windenergiegebiete auszuweisen, die auch tatsächlich nutzbar sind“, deutlich sagen: Nach der Intention des Bundesgesetzgebers (WaLG und WindBG) sollen bestehende Flächenausweisungen von Gebieten für die Nutzung der Windenergie im vollen Umfang auf die Flächenbeitragswerte angerechnet werden. Besondere Anrechnungsreglungen gelten nur für Rotor-innerhalb-Flächen. Das Gesetz trifft keine weiteren konzeptionellen Vorgaben, welche Eigenschaften die anzurechnenden WEG aufweisen müssen. Weder wird eine Repoweringfähigkeit definiert noch wird eine bestimmte Leistungsklasse von WEA oder Mindestabstände vorgegeben.
Ziel des Regionalrates ist es, schnellstmöglich den Flächenbeitragswert für das Münsterland zu erreichen, um die bisherige komplizierte Steuerungsregelung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB abzulösen und das neue Rechtsystem in Kraft treten kann. Damit sollen die Kommunen in die Lage versetzt werden die Steuerung der Windenergienutzung in ihren Gemeindegebieten sozial- und umweltverträglich in die eigenen Hände zu nehmen.
Da die Windenergiebereiche des Regionalplans keine außergebietliche Ausschlusswirkung besitzen können auch außerhalb der Windenergiebereiche zusätzliche Gebiete für die Windenergienutzung von den Kommunen ausgewiesen werden (so viel zum Thema „restriktive Planung“).
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass im LEP-Entwurf erstmals ein Monitoring der Windenergiebereiche der Regionalpläne vor (Ziel 10.2-19 des LEP-Entwurfs) vorsieht. Danach sind die Windenergiebereiche in allen Regionalplänen zukünftig alle 5 Jahre zu überprüfen. Eignen sich bisher mit älteren und kleineren Windenergieanlagen bebaute Flächen nicht mehr für den Ersatz der alten Anlagen durch modernere, größere Anlagen (Repowering), so sind die Flächen zu streichen und stattdessen eine Neudarstellung geeigneter Windenergiebereiche planerisch vorzusehen. So wird sichergestellt, dass die Regionalpläne dauerhaft ihren Beitrag zu einer klimaverträglichen Energieversorgung leisten.
All das sollte auch dem LEE bekannt sein.