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Flurbereinigungsverfahren
Flurbereinigung kontra Natur- und Artenschutz? – Im Gegenteil!

Steinfurter Aa

Steinfurter Aa © Bezirksregierung Münster

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Wie im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren wertvolle Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz entstehen

In letzter Zeit wurden Forderungen laut, dass in den Städten Billerbeck und Havixbeck mehr für den Natur-und Artenschutz getan werden müsse. In diesem Zusammenhang wurde beispielsweise darauf hingewiesen, dass neue Hecken und Blühstreifen in großem Umfang angelegt werden sollten.

Im Flurbereinigungsverfahren Langenhorst-Temming hat sich die Teilnehmergemeinschaft (die Gesamtheit der in einem Flurbereinigungsverfahren beteiligten Grundstückseigentümer) gemeinsam mit dem Dezernat für Ländliche Entwicklung, Bodenordnung der Bezirksregierung Münster mit Sitz in Coesfeld dieser Aufgabe bereits vor vielen Jahren angenommen.

Als das Flurbereinigungsverfahren Langenhorst-Temming im Jahre 2003 eingeleitet wurde, dachten die Akteure nicht nur daran die Agrarstruktur durch Neuvermessung und Neuordnung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie den Neubau von Wirtschaftswegen zu verbessern, sondern insbesondere auch an die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) an allen im Verfahrensgebiet vorkommenden Gewässern. Diese Richtlinie besagt, dass bis 2027 alle größeren Gewässer in einen guten ökologischen, biologischen und chemischen Zustand versetzt werden müssen. Außerdem sollten im gesamten Verfahrensgebiet Projekte für den Natur- und Artenschutz umgesetzt werden, um somit auch den Zielen der Landschaftsplanung gerecht zu werden.

Die wichtigste Voraussetzung, um entsprechende Projekte tatsächlich umsetzen zu können, ist die Verfügbarkeit der benötigten Flächen. Wie also bekommt man die Flächen und wie kommt die Fläche an den richtigen Ort für die jeweils geplante Maßnahme?

Zu Beginn des Flurbereinigungsverfahrens Langenhorst-Temming bot sich der Teilnehmergemeinschaft erfreulicherweise die Möglichkeit, in größerem Umfang landwirtschaftliche Fläche zu erwerben. Diese Gelegenheit ließ man sich nicht entgehen. Im Rahmen der Neuzuteilung wurden diese Flächen „mobil gemacht“ und in die gewünschte Lage getauscht.

Auf diese Weise war es zum Beispiel möglich, an allen im Verfahrensgebiet vorkommenden Gewässern durchgehende Randstreifen in einer Breite von fünf bis zehn Metren auszuweisen – ein erster Schritt und wichtiger Beitrag für den Gewässerschutz und für die Biodiversität.

So erhielt die Bombecker Aa 1,5 Kilometer, der Grienenbach 2,5 Kilometer und die Steinfurter Aa insgesamt zwölf Kilometer Gewässerrandstreifen. Selten zuvor war eine derart komprimierte Anreicherung der Natur an Gewässern möglich.

Bagger in Aktion an der Steinfurter Aa od. Tümpel

Bagger in Aktion an der Steinfurter Aa od. Tümpel © Bezirksregierung Münster

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Ab der Hohen Aabrücke in der Bauernschaft Temming bis zur Kreisgrenze Coesfeld/Steinfurt erhielt die Steinfurter Aa durchgehend beidseitig zehn Meter breite Gewässerentwicklungsstreifen. Da sich dieser Abschnitt der Steinfurter Aa vorher in einem naturfernen, kanalartig ausgebauten Zustand befand, erfolgte ab September 2020 ein naturnaher Umbau dieses Gewässerabschnittes.

 

Umfangreiche Erdarbeiten waren die Folge: Fast 10.000 Kubikmeter Boden wurden aus dem Flussbett der Steinfurter Aa gebaggert. 4.000 Bäume und Sträucher wurden an und auf den Böschungen gepflanzt. Bauträger war die Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung Langenhorst-Temming mit ihrem Vorsitzenden Werner Schulze Esking an der Spitze. Die Planung und Leitung der gesamten Baumaßnahme koordinierte die Flurbereinigungsbehörde der Bezirksregierung Münster.

Heute – knapp ein Jahr später – windet sich die Steinfurter Aa bereits wieder durch ein abwechslungsreiches und landschaftlich eingebundenes Flussbett.

Blänke

© Bezirksregierung Münster

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„Das ist ein großer Erfolg, der in konstruktiver Zusammenarbeit zwischen Teilnehmergemeinschaft, Landwirtschaft, den Wasser-und Bodenverbänden, dem Kreis Coesfeld, dem Dezernat für Wasserwirtschaft und dem Dezernat Ländliche Entwicklung, Bodenordnung bei der Bezirksregierung Münster erreicht werden konnte, sagte Thomas Lange, Landschaftsplaner bei der Bezirksregierung Münster.

Insgesamt rund 16 Kilometer Gewässerrandstreifen wurden an den genannten Gewässern ausgewiesen. Die Randstreifen wurden aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen und im Sinne der europäischen Wasserrahmenrichtlinie gestaltet. „Der Flächenbedarf betrug für die Maßnahmen zusammen 15,6 Hektar“, sagte Hans Ulrich Leesker, Projektleiter von der Bezirksregierung Münster. Die Verpflichtung zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist damit ohne Flächenverlust für die angrenzenden Landwirte erfüllt. Denn diese erhalten im Rahmen der wertgleichen Landabfindung der Flurbereinigung Flächen an anderer Stelle.

Weil in dem vorangegangenen und unmittelbar angrenzenden Altflurbereinigungsverfahren Aulendorf bereits Ende der 1990er Jahre im Oberlauf der Steinfurter Aa, dem Dielbach und dem Grienenbach von den Quellen bis zur Verfahrensgrenze der Flurbereinigung Langenhorst-Temming Gewässerrandstreifen ausgewiesen und naturnah entwickelt worden sind, konnte nunmehr das komplette Gewässersystem der Steinfurter Aa mit all ihren Nebengewässern von den Quellen bis zur Kreisgrenze Coesfeld/Steinfurt durch Gewässerrandstreifen gestaltet und geschützt werden.

Damit dürfte das Gewässersystem der Steinfurter Aa im Münsterland ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen und vorbildlich sein.

 

Feuersalamander

Feuersalamander © Bezirksregierung Münster

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An einem Nebengewässer der Bombecker Aa gelang zudem eine besondere Artenschutzmaßnahme: das Nebengewässer dient einer bedeutenden Feuersalamanderpopulation als Laichgewässer.

Damit dieses Gewässer auf Dauer möglichst nährstoffarm bleibt, was als Voraussetzung für das Ablaichen unabdingbar ist, konnte mit dem Grundstückseigentümer eine Vereinbarung erzielt werden. Sie besagt, dass auch an diesem Gewässer Randstreifen in einer Breite von 10-20 Meter auf Dauer ohne landwirtschaftliche Nutzung als Blühstreifen verbleibt.

Als Ziel für die kommenden Jahre steht noch die Durchgängigkeit bei der Steinfurter Aa auf der Wunschliste. Hierzu müssen Hindernisse wie Wehre oder Mühlen so umgebaut werden, dass beispielsweise Fischen der Auf- und Abstieg im Fluss möglich wird.

Neben den Gewässermaßnahmen ist im Herbst 2020 im gesamten Verfahrensgebiet der Flurbereinigung Langenhorst-Temming zudem damit begonnen worden 41 Einzelprojekte für den Natur-und Artenschutz umzusetzen. Auf einer Gesamtfläche von über fünf Hektar wurden Baumreihen und Hecken gepflanzt sowie Blühstreifen in einer Gesamtlänge von 4.500 Meter angelegt.

Blühstreifen

Blühstreifen © Bezirksregierung Münster

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Verlandete Kleingewässer werden renaturiert, neue Tümpel und Blänken (Geländemulden, die meist nur zeitweilig Wasser führen) angelegt sowie Obstwiesen und Feldgehölze gepflanzt. Diese Landschaftsbauarbeiten werden im Sommer 2021 abgeschlossen sein. Auch durch diese umfassenden Maßnahmen profitiert die Natur und die Artenvielfalt.

„All diese realisierten Planungen sind nicht als Ausgleichsmaßnahmen für vorangegangene Eingriffe in die Natur umgesetzt worden. Sie sind keine klassischen Kompensationsmaßnahmen, sondern ausschließlich solche der Landschaftsentwicklung, die in Abstimmung und im Einvernehmen mit den jeweiligen Grundstückseigentümern umgesetzt werden konnten“, so Thomas Lange.

Am Beispiel der Flurbereinigung Langenhorst-Temming zeigt sich, dass das Instrument der ländlichen Bodenordnung nicht nur zur Verbesserung der Agrarstruktur geeignet ist, sondern hiermit auch Maßnahmen des Gewässerschutzes und der Landschaftsplanung bestens umgesetzt werden können. Der Schlüssel zum Erfolg ist zum einen die bereits erwähnte Herstellung der Flächenverfügbarkeit. Zum anderen können diese Flächen „mobil und punktgenau“ in die gewünschte Lage übernommen werden. Wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, Teilnehmer, beteiligten Behörden, Landwirte und Unternehmer, kann sich das Ergebnis sehen lassen.

Blickt man also nochmals auf die eingangs erwähnten Forderungen zurück, kann man feststellen: Es sind viele Kilometer neue Hecken und Blühstreifen auf den Gebieten der Städte Billerbeck und Havixbeck angelegt worden. Allein in den Bauernschaften Langenhorst und Temming, die mit etwa 1.800 Hektar das Flurbereinigungsgebiet darstellen, ist dieses Ziel mehr als erreicht worden. Mit Hilfe der Bodenordnung konnten entsprechende Projekte umgesetzt und gleichzeitig die Agrarstruktur verbessert werden. Dort wurde mit vereinten Kräften gehandelt, nicht (nur) geredet.

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